Mühlenkunde
Mühlen versteht man allgemein Maschinen, die durch Naturkräfte wie Wind und Wasser angetrieben, Arbeit verrichten.
Mit der Mühle konnte der Mensch ohne seine Muskelkraft zum ersten
Mal in seiner Geschichte schwere, gefährliche und ausdauernde Arbeiten
zu verrichten. Die Mühle ist tatsächlich der Ursprung sämtlicher
Technik, stellt Jahrhunderte lang der Fortschritt im Technik- und
Maschinenbau dar. Die technische Revolution im 19. Jh. befeuerte
noch die Entwicklung im Mühlenbau. Es entstanden hocheffiziente
Maschinen, die im Einklang mit der Natur unter Ausnutzung der reversibler
Naturkräfte ihre Arbeit verrichteten.
Entstehung
Mühlen kennen wir in Mecklenburg- Vorpommern seit der Errichtung der Dörfer und Städte
im 12. Jahrhundert. Sie war oft die entscheidenen Voraussetzung, an welcher Stelle eine Ortschaft gegründet werden sollte. So
entstanden sämtliche Städte in Mecklenburg - Vorpommern nur an Orten,
wo auch eine Wassermühle betrieben werden konnte.
Wassermühlen waren
schon in der Antike so im Römischen Imperium in Nutzung. Sie besitzen
als Antrieb ein oder mehrere Wasserräder. Diese werden je nach Aufschlagen des Wassers in oberschlächtige, mittelschlächtige oder unterschlächtige Wasserräder unterschieden. Größere Energieausbeute brachten später
dann die Wasserturbinen. In der Schweriner Bischofsmühle wurde 1844
die erste Turbine in eine Wassermühle in ganz Deutschland eingebaut.
Windmühlen
sind ab dem 13.Jh. hier bekannt. Das waren zuerst Bockmühlen. Die windexponierte Lage sowie die nur bescheidene Wasserkraft begünstigten die Entwicklung.
So sind die ersten Windmühlen 1296 in Wismar und 1298 in Plau belegt. Im
17. Jh. entwickelte sich in den Niederlanden ein neuer universieller
hocheffektiver Mühlentyp - die Holländermühle. In ihren verschiedenen
Bauformen eroberte sie nicht nur Europa sondern die gesamte Welt.
Die Wippmühle und die Paltrockmühle kamen noch dazu. Mit den Mühlen
konnten nun allerlei Arbeiten verrichten werden, wie Flächen be-
und entwässern, Korn mahlen, Balken sägen, Öl pressen, Leder walken, Steine schneiden...
Über 180 Anwendungsmöglichkeiten sind bisher bekannt.
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Windmühlentypen
bei
Röbel
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Die
Bockwindmühle
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- Bockmühlen
stellen den ältesten Windmühlentyp dar.
- In genialen
Fachwerkbauweise dreht sich der gesamte Mühlenkasten mit
den Flügeln auf einem Bockgestell in den Wind.
- Diesen Mühlentyp finden wir hierzulande noch in Pudagla,
Klockenhagen, Storkow und Greifswald-Eldena.
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Die Holländermühe
Aufgrund der größeren
Leistungsfähigkeit und der höheren Standsicherheit wurde die Bockmühle
schließlich im 18. Jh. von der Holländermühle verdrängt. Die ersten Exemplare entstanden 1750 in Boeck/Müritz und 1758 in Sülze.
Merkmal einer Holländermühle ist, dass nur die Kappe mit den Flügeln sich in den Wind bewegt.
Sämtliche Maschinen stehen fest im Mühlenturm und werden von den
Mühlenflügeln über einer Königswelle im Innern angetrieben. Aufgrund
moderner Mühlenbauanstalten wie Hofwolt in Rostock, Hübner Stralsund
oder Wetzig in Wittenberge standen hier bald die modernsten Mühlen
in ganz Deutschland. Fast sämtliche der noch erhaltenen Windmühlen im Land gehören zu den Holländermühlen.
Unterscheiden können
wir folgende Typen.
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Stove
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Der
Erdholländer
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- Beim Erdholländer
reichen die Flügel fast zum Erdboden.
- Der Achtkant
also der hölzerne Mühlenturm geht dabei bis zum Erdboden
oder hat ein gemauertes Erdgeschoß
- Beispiel
für diesen Mühlentyp findet ihr in Stove bei Wismar,
Steinhagen bei Stralsund und bei den Zwillingswindmühlen
in Neu Vorwerk.
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Altkalen
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Der
Hochholländer
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- Um den Wind
besser ausnutzen zu können, setzte man den Erdholländer
höher, man mauerte eine Etage dazu. Aufgrund
moderner Flügeltechnik sparte man sich die Galerie,
der Hochholländer entstand
- Gerade in Mecklenburg
war dieser Mühlentyp weit verbreitet.
- Beispiel
für diesen Mühlentyp findet ihr in Altkalen und in Walkendorf(Ruine)
nahe den Zwillingswindmühlen in Neu Vorwerk.
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Goldenbow
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Der
Galerieholländer
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- Der Galerieholländer besitzt einen
mehretagigen gemauerten Unterbau sowie eine Galerie
zum Bedienen der Flügel.
- Das sind die größten
Mühlen unseres Landes. So konnte in bewachsenen flachen
Landschaften aber auch in der Nähe
oder inmitten
der Ortschaften der Wind optimal ausgenutzt werden.
- Beispiel
für diesen Mühlentyp findet ihr in Goldenbow bei Parchim,
in der Hansestadt Rostock und bei den Zwillingswindmühlen
in Neu Vorwerk.
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Woldegk
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Der
Turmholländer
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- Beim Turmholländer ist der Mühlenturm
komplett gemauert. Nur die hölzerne Kappe mit den Flügeln
dreht sich wie bei allen Holländermühlen in den Wind.
- Seine
Flügel können bis zum Erdboden oder bis zu einer Galerie
reichen.
- Beispiel für diesen Mühlentyp findet
ihr in Hasselförde bei Neustrelitz, in der Windmühlenstadt
Woldegk oder in Kamminke auf der Insel Usedom.
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Gifhorn
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Der
Wallholländer
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- Auch der Wallholländer wurde höher
gesetzt. Doch anstatt eine Galerie zu bauen, füllte
man Erde an, um die Flügel zu bedienen.
Ins Erdgeschoß
führte oft ein Gang durch den Wall.
- In Schleswig
- Holstein findet ihr solche Mühlen oft. In Mecklenburg
- Vorpommern hat sich dieser Mühlentyp nicht durchgesetzt.
Kein Exemplar gibt es noch davon.
- Beispiel für diesen
Mühlentyp findet ihr aber im nahe gelegenen Mühlenmuseum
Gifhorn in Niedersachsen.
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bei
Leipzig
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Die
Paltrockmühle
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- Bei der Paltrockmühle dreht sich der
gewaltige Mühlenkasten auf einem in Erdbodenhöhe liegenden
Rollring. Diese Windmühlen entstanden meist in neuerer
Zeit durch Umbau einer vorhandenen Bockmühle. Besonders
die Firma Kühl aus dem benachbarten Rogasen/ Westpreußen
(heute Polen) hatte sich darauf spezialisiert.
- In
Mecklenburg - Vorpommern ist heute nur noch ein einziges
Exemplar dieser Bauform einer Windmühle erhalten.
- Ihr
findet dieses in Sagard auf der schönen Ostseeinsel
Rügen.
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Lobbe
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Das
Windrad
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- Die historischen Windräder stellen
die letzte Entwicklung dar. Über einen mehrblättrigen
Rotor, der durch eine Windfahne in den Wind gedreht
wurde, konnte die Windkraft genutzt werden.
- Sie
dienten oft als Entwässerungsmühlen, trieben aber auch
Mahlgänge für die Getreideverarbeitung an.
- Beispiele
für diesen Mühlentyp findet ihr im Freilichtmuseum Agroneum
Alt Schwerin bei Malchow sowie in Lobbe auf der Insel
Rügen.
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Weitere Windmühlentypen wie der Fluter und die Wippmühle
sind nicht mehr erhalten.
Ab dem 19. Jahrhundert
wurde die Naturkraft zunehmend durch andere Antriebe wie die Dampfmaschine
ergänzt. Erste
Motormühlen entwickelten sich, wie 1844 die Dampfmühle in Ludwiglust. Sie stellten aber
zuerst keine Konkurrenz für die Naturmühlen dar.
Zu unzuverlässig war die neue Technik, zu teuer der Brennstoff. Statt dessen erblühten
die Naturmühlen. Es entstanden gerade zu dieser Zeit
- 1868 Gewerbefreiheit in Mecklenburg, im preußischen Pommern mit
1810 etwas
früher - fast alle, der heute noch stehenden Windmühlen.
Diese waren zudem
Dank des technischen Fortschritts mit neueste
Entwicklungen im Maschinenbau wie Getreidereiniger,
Walzenstühle, Mischtonnen, Plansichter und Elevatoren ausgestattet. Und mit
verbesserte Antriebe wie die Wasserturbine oder die
Ventikantenflügel von Bilau standen nun leistungsfähigste Maschinen
zur Verfügung.
Doch sie waren immer
noch von Wind und Wasser abhängig. Und die Technik entwickelte sich weiter.
Mit der
Erfindung des Elektromotor von
Siemens konnten nun sehr große, vollautomatische arbeitende Mühlen gebaut
werden. Großmühlen wie in Bad Kleinen, Parchim oder Jarmen entstanden,
gegen die selbst die leistungsfähigsten Wind- und Wassermühlen keine
Chance mehr hatten. Das läutete das Ende der kleinen
Handwerksmühlen ein. Es verschwand der größte Teil der Wind- und Wassermühlen.
Mit
der Wiedervereinigung
Deutschlands stand auch das letzte Flügelkreuz und Wasserrad still.
Leider gibt es zumindest hierzulande selbst bei tragfähigsten Konzepten
für Erhalt und Sanierung einer Mühle nur zögerlich Unterstützung
vom Land. Und so gelingt der Erhalt dieser Denkmäler der Technikgeschichte
nur durch die Aufopferung der Mühlenbesitzer sowie kleiner Vereine.
Unvollstellbar findet ihr in diesem Landwirtschaftlich geprägten
Land den Müller bald nur noch im Museum. Auch in der letzten Großmühle
in Jarmen gingen die Lichter aus, ein fast Jahrtausend altes Handwerk stirbt
aus. Trotz aller Klimadiskussionen haben regionale
Kreisläufe und ausuferner LKW Verkehr bei Gewinnoptimierung kein
Gewicht. Nur bei der Windkraftnutzung als Kernstück einer Energiewende
deutet sich eine Renaissance an. Hoffen wir mal, das zumindest hier ohne
ideologische Scheuklappen
ein Konsens mit den betroffenen Anwohner bei den immer größer werdenen Anlagen
gelingt.
Das
Retten der
historischen Mühlen, ist ein Anliegen dieser Seite. So wird auf
die noch vorhandenen Mühlen hingeweisen, aber auch die einstige
Vielfalt vorgestellt. Wenn nur eine Mühle durch diese Website gerettet werden kann, hat sich alle Mühe gelohnt.
Glück zu
Ingo Arlt Zwillingswindmühlen Neu Vorwerk
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